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Die ungläubige Nonne

Dies ist ein früheres Leben von mir selbst, das ich gesehen habe, als ich erfahren wollte, wo ein guter Freund von mir und ich uns das erste mal getroffen haben.

Als wir uns in diesem Leben kennenlernten, hatte immer wieder das Gefühl, mich ihm gegenüber schuldig zu fühlen, obwohl es dazu keinen erkennbaren Anlass gab.

Ich sah uns beide als Nonnen in einem Kloster.

Doch wie waren wir dort hin gekommen?

Wir hatten beide dieses Leben nicht aus freien Stücken gewählt.

Wir befinden uns in Europa zur Zeit der Christianisierung und dem Beginn der Hexenverfolgungen.

Wir passten beide nicht gut in diese Zeit.

Mein guter Freund war damals eine lesbische Frau und ich eine Kräuterkundige Heilerin, die auch durch Energie heilen konnte.

Wir beide passten also nicht gut in diese Gesellschaft.

Ich hatte Heiltechniken von einer älteren Frau gelernt, die mich darin ausgebildet hatte, und musste dafür viele energetische Übungen machen (meditieren würde man heute wohl sagen).

Die Ausbildung war streng und langwierig, und viele Leute kamen zu mir, um sich helfen zu lassen.

Meine Ausbilderin und ich beobachteten die Bewegung in der Gesellschaft und erkannten, wie in der Umgebung immer mehr Dörfer dem Hexenwahn verfielen.

Wir hatten das Gefühl, das würde nicht mit rechten Dingen zugehen, und versuchten die Ursache für das wahnhafte Verhalten der Menschen zu finden. Wir vermuteten, dass pflanzliche Drogen ins Wasser gemischt wurden bzw in die Brunnen geworfen wurden, wann immer Kirchenleute in die Dörfer kamen, und erkannten, dass sie sehr bewandert darin waren, dominant aufzutreten und Menschenmengen durch die Art, wie sie die Sprache gebrauchten, zu hypnotisieren (das Wort Hypnose kannten wir noch nicht, trotzdem erkannten wir, dass sie Mechanismen kennen, um Menschen in einen Wahn zu versetzen).

In unseren Dörfern geschah nichts dergleichen und meine Ausbilderin starb irgendwann friedlich. Kurz vorher legte sie mir ans Herz, mich irgendwo in Sicherheit zu bringen, da sie in der Zukunft sehen konnte, dass die Situation für mich zu gefährlich werden würde.

Das veranlasste mich dazu, mich in einem weiter entfernten Kloster vorzustellen, wo man mich nicht kannte, und nicht wusste, dass ich eine der Heidinnen war, die nach deren Verständnis in der Hölle enden würde.

Nach meinem Verständnis hingegen, waren sie in ihrer Entwicklung rückschrittig und ich beobachtete mit Entsetzen, wie eine friedliche und spirituelle Gesellschaft sich durch diesen christlichen Glauben zurück entwickelte und geistig verarmte, und wie dieser Glaube alle in Angst und Schrecken versetzte.

Dann verstand ich, dass das der Grundstein für die Macht der Kirchenherren war. Die Angst der Menschen. Angst vor der Hölle und einem Teufel.

Ich wusste mir aber nicht anders zu helfen, in diesen Zeiten, als selbst ins Kloster zu gehen, und so zu tun, als ob ich eine gottesfürchtige junge Frau wäre, die ein Leben in Jesu der Heirat mit einem Manne vorzog.

Ich konnte die Nonnen dort schnell von mir überzeugen, vor allem, da ich mich in der Küche und mit Heilkräutern gut auskannte, und sie dringend junge Frauen für die Gartenarbeit brauchten.

Das Leben dort war eintönig, aber friedlich.

Zwischen den Andachten und Gebeten verbrachte ich die meiste Zeit in meinem Schlafraum, um dort weiter an meiner spirituellen Entwicklung zu arbeiten und die geistigen und energetischen Übungen fortzuführen, die mir meine frühere Ausbilderin beigebracht hatte.

Die Nonnen bewunderten mich und dachten, ich wäre so sehr ins Gebet vertieft, da ich oft kaum ansprechbar war, während ich mich in tiefer Meditation befand. Sie hielten mich für eine der Gläubigsten unter ihnen, die ihr Leben ganz den Lehren Jesu widmete. Doch das war weit von der Wahrheit entfernt.

Ich hatte gelernt zu schweigen, und verrriet niemals jemandem, was ich in meinem Zimmer wirklich tat.

Durch die ständige Meditation und die Einsamkeit, weil ich meine Erfahrungen mit niemandem teilen konnte, war ich irgendwann sehr "abgehoben" und selten geistig so richtig anwesend.

Zum Glück musste ich das auch nicht, da für alles gesorgt war und ich in Sicheheit leben konnte.

Ich widmete quasi dieses ganze Leben dort meinen Fähigkeiten als Geistheilerin und Seherin, ohne sie aber ernsthaft anwenden zu können. Mir war aber sehr bewusst, dass es ein Geschenk ist, dass ich dieses Leben dafür nutzen kann, und dass ich meine geistige Entwicklung ins nächste Leben mitnehmen würde. Reinkarnation war in diesem Leben eine Tatsache für mich, die ich nie anzweifelte.

Ich war nicht die einzige im Kloster, die nicht aus Glaubensgründen dort lebte.

Meine Zimmernachbarin (mein heutiger guter Freund) war aus dem Grund Nonne geworden, um einer geplanten Eheschließung zu entfliehen.

Männer waren ihr ein Gräuel, da sie Frauen liebte. Das Klosterleben war die einzige Möglichkeit, niemals mit einem Mann in Berührung kommen zu müssen.

Die meisten Nonnen dort waren alt, aber außer uns beiden gab es noch eine weitere junge Frau. Meine Zimmernachbarin und diese junge Frau hatten eine Affäre miteinander.

Einige ältere Nonnen wurden neugierig und versuchten, die beiden zu entlarven. Immer wieder fragte man mich, ob meine Zimmernachbarin und die andere junge Nonne nachts zusammen in dem Zimmer waren.

Ich wusste natürlich davon, für mich war das aber keine große Sache und ich sagte immer, dass ich so etwas noch nie mitgekriegt hätte. Ich fand es gut, dass die beiden sich liebten, und nicht einsam waren.

Ich hatte das Gefühl, dass auch die Äbtissin davon wusste, und auch sie ahnte, dass ich nicht so fromm war, wie die Nonnen es annahmen. Sie war eine kluge weitsichtige Frau und ich denke, sie hatte eine schützende Hand über uns und wollte vor allem auch nicht, dass aus ihrem Kloster irgendein Skandal bekannt werden würde. Sie verbot also den Nonnen, noch weiter hinter uns jungen Frauen hinterher zu schnüffeln, und sagte, sie wolle in ihrem Kloster ein Klima des Friedens und des Vertrauens und nicht der gegenseitigen Verdächtigungen.

Einige Nonnen warfen ihr vor, Ungläubige zu schützen, aber da sie nie Beweise finden konnten, dass etwas Ungewöhnliches vorging, konnten sie die Äbtissin nicht dazu bringen, ihren Führungsstil zu ändern. 

So weit hatten wir also ein friedliches Leben. Ich fand meine Erfüllung in der Meditation und meine Zimmernachbarin und ihre Freundin fanden die Liebe.

Doch dann gab es einen Bruch in der Idylle.

Denn ihre Freundin war tatsächlich gläubig, und gab es nicht nur vor. Sie hatte immer schlimmere Gewissensbisse, und Ängste, dass sie sich versündigte, da sie eine Frau liebte. Sie beendete irgendwann die Affäre und verließ das Kloster.

Meine Zimmernachbarin war verzweifelt, ihre Liebste verloren zu haben, aber noch mehr darüber, dass man nicht mal hinter den dicken Klostermauern Frieden haben konnte, sondern dass der Griff der wahnhaften Gesellschaft es bis in ihr nächtliches Schlafgemach schaffte, ihr ihr kleines Glück zu zerstören.

Sie verlor darüber ihren Lebensmut und versank in Depressionen.

Einzig der Klostergarten erhielt sie aufrecht, den sie fast allein  bewirtschaftete, weil sie wenigstens dort ihre Ruhe haben konnte. Auch sie war nie gläubig gewesen und ein so einfacher Glaube von Gott und Teufel und Himmel und Hölle war weit unter ihrem Niveau.

Sie fand die Nonnen und ihre kindliche Weltsicht abstoßend.

Wir waren unserer Zeit beide innerlich weit voraus und es war für sie schwer zu ertragen.

Ich flüchtete mich in meine energetischen Übungen, die mir Freude brachten und viele lichtvolle innere Erlebnisse. Dadurch war ich nie traurig, aber das Ganze war wie eine Sucht.

Ich brauchte das, um diese Einsamkeit und das Doppelleben ertragen zu können.

Ich war quasi die ganze Zeit wie "high" von meinen spirituellen Erlebnissen, und bekam deshalb nicht mit, wie dramatisch es um meine Zimmernachbarin bestellt war. Ich kümmerte mich nur noch um mich selbst und sonst niemanden mehr.

Obwohl wir uns in unserer Seelenentwicklung doch so ähnlich waren, habe ich in diesem Leben im Kloster kaum mit ihr gesprochen, sie nicht getröstet oder gestützt, als sie jemanden brauchte.

Und daraus resultierte mein Gefühl, ihm noch etwas schuldig zu sein, als ich diesem wundervollen Menschen in diesem Leben wieder begegnete.